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Ein Besuch im Romanischen Café

Das Romanische Café, gibt es das noch? Oder Wieder? – Nein, leider nicht.

Das Gebäude wurde nachdem es 1943 zusammen mit dem gesamten Breitscheidplatz, der Gedächniskirche und großen Teilen des Kurfürstendamms durch allierte Luftangriffe stark beschädigt und dann im Zuge der Neustrukturierung des Gebiets abgerissen.

Heute finden sich keinerlei Spuren von dem popösen neoromanischen Gebäude im Straßenbild und sein Platz nimmt heute das 1965 errichtete Europa-Center ein.

Seit Januar 2024 gibt es eben dort eine Ausstellung zur Geschichte des Romanischen Cafés, dem Salonleben in den 1920 Jahren und den illustren Gästen des Etablissements.

Das Café in den Zwanzigern

Das 1901 als elegante Café-Konditorei gegründete Romanische Café war ein ebenso bekannter wie auch verruchter und verrauchter Treffpunkt für KünstlerInnen, SchriftstellerInnen und Intellektuelle im Berlin der Weimarer Republik.

Unter den Gästen befanden sich Größen wie Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Erich Kästner. Die Galerie des Cafés war ein beliebter Ort für Schachspieler, die stundenlang über ihren Partien brüteten.

Schon sehr früh galten die Räumlichkeiten als beliebter Platz um als KünstlerIn von bekannteren Werkschaffenden entdeckt zu werden. Um sich dem Anbiedern von „Neulingen“ zu entziehen, zogen sich die „erfolgreicheren“ Gäste in das kleine Nebenzimmer zurück.

Daraus entstanden die scherzhaften Bezeichnungen „Bassin für Schwimmer“ und eben „Bassin für Nichtschwimmer“ für die beiden Räume.

„Die nimmermüde Drehtüre an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche steht nie still und wirft immer wieder Gäste von der lärmenden Straße in das stille musiklose Café.
Hier hocken sie an den kleinen, runden Marmortischen, lesen unzählige Zeitungen und diskutieren von La-ot-se übers moderne Theater bis zur neuesten Verkehrsverordnung, treten den weichlichen Literatenklatsch breit und kommen sich trotz Sorgen doch als etwas Besonderes vor. […] Die vielen Namenlosen, aus denen hin und wieder ein guter Kopf eine Zukunft verspricht, sitzen hier; aber auch die Stars sind der Stätte ihres vorberühmtlichen Lebens treu geblieben. Und alles kennt sich, wenn auch manchmal nur vom Wegsehen.“

Paul Markus: Die Bleibe. In: Der Junggeselle, März 1926

Zudem trafen sich zur späteren Stunde auch die NachtschwärmerInnen und die KünstlerInnen aus den Varietés auf dem Kurfürstendamm im Romanischen.

„Nacht! Tauentzien! Kokain! – Das ist Berlin!“ und mittendrin das Romanische Café.

Doch mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus änderte sich alles, der Kurfürstendamm wurde zur Zielscheiber der antisemitischen und kunstfeindlichen Klimas der Zeit. Schon am 27. März 1927 SA terrorisierte die Gäste der Flaniermeile und bald blieben auch im Café die Stammgäste fern. Die Boheme hat durch Angst und Vertreibung die Stadt verlassen. 1933 nahm die uniformierte Gestapo an einem eigenen Tisch Platz.

„[…] wir sahen die Terrasse und das Kaffeehaus wegwehen, verschwinden mit seiner Geistesfracht, sich in nichts auflösen […] und die Gäste des Cafés zerstreuten sich in alle Welt oder wurden gefangen oder wurden getötet oder brachten sich um oder duckten sich und saßen noch im Café bei mäßiger Lektüre und schämten sich der geduldeten Presse und des großen Verrates […]“

Ein Kaffeehaus. In: Klaus Wagenbach (Hrsg.): Atlas. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2004

Als Mitte der dreißiger Jahre Samuel Beckett und Jean-Paul Sartre in Berlin verweilten, hatte es an Bedeutung und Flair verloren und mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs endete seine illustre Geschichte. Das Café wurde 1943 bei einem Luftangriff zerstört und in den 1950er Jahren wurde die Ruine abgerissen. Heute erinnert nichts mehr an diesen einst so bedeutenden Ort der Weimarer Republik.

Autor/-in unbekannt - Edgard Haider: Verlorene Pracht. Geschichten von zerstörten Bauten. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2006, S. 162. (Scan)
Musikalische Interpretation: Luigi Bernauer singt Auf der Terrasse vom Romanischen Café, Tangolied, Berlin, 1930, YouTube

Die Ausstellung

Die Geschichte des Romanischen Cafés wird im Europacenter ausgestellt, fast genau an seinem ursprünglichen Standort. Die Ausstellung zeigt historische Fotografien, Dokumente, Nachbildungen der originalen Möbel und Objekte aus dem Café-Alltag des frühen 20. Jahrhunderts. Sie thematisiert die Baugeschichte, das vielfältige Publikum und die Besonderheiten des Ortes sowie die Entwicklung des Kurfürstendamms von den 1920er Jahren bis heute.

 

Die Ausstellung ist ab Februar 2025 Mittwoch bis Sonntag von 12 – 19 Uhr geöffnet.

Der Eintritt ist kostenlos, das Begleitbuch kostet 25€.

romanisches-cafe.berlin

Quellen