Zum Inhalt springen

Ein (kleines) Kochbuch von 1937

244 Kochrezepte
für einfache bürgerliche Haushaltungen

Herausgegeben von der Städtischen
Gewerbe- und Haushaltungs-Schule zu Hannover

Elfte Auflage

Ein Antiquariatsfund...

Ich hatte erneut die Gelegenheit, einige Tage in Hannover zu verbringen und besuchte dabei das Second-Hand-Kaufhaus “FairKauf” in der Innenstadt, wo ich die vielfältigen Angebote durchstöberte.

In der antiquarischen Abteilung stieß ich auf ein kleines, aber bemerkenswertes Buch mit einfachen Rezepten aus der Vorkriegszeit. 

Auf nur 80 Seiten sind 244 Rezepte zusammengestellt, die eine Vielzahl von einfachen Gerichten für 4-6 Personen abdecken, von Kartoffel- und Fleischgerichten bis hin zu süßen Speisen und Getränken.

Besonders erfreulich ist, dass einige der Rezepte bereits vegan sind, während andere sich gut anpassen lassen. Zudem enthält das Buch ein Kapitel über Rohkost und viele Rezepte für Salate. Wobei der Begriff des Salats da vermutlich weniger Blattsalate, als “Lebensmittel ertränkt in Majonaise” bezeichnen wird.

Ich freue mich darauf, Rezepten aus dem Buch zu kochen, die Gerichte zu fotografieren und sie hier zu präsentieren. Und sie natürlich auch zu essen.

Abbildung der Seite 3 des Kochbuchs, Kapitelanfang "Grundlagen für das Kochen"

Mein erster Blick in das Buch fiel auf die spannend knappe Zusammenstellung der Grundlagen für eine Küche in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts.

... und sein Vorwort

Zum 11. Male erscheint dieses kleine Kochbuch in einem Zeitraum von 27 Jahren.

Als es im Jahre 1909 seine 1. Auflage erlebte; stand die seit dem Jahre 1921 Stätische Schule unter der verdienstvollen Leitung des Frauenbildungsvereins zu Hannover.

Die damaligen Verfasserinnen hatten das Buch in der Hauptsache für die Schülerinnen der einfachen Haushaltungskurse bestimmt. Die Lehrerinnen konnten dann den Schülerinnen das Nachschreiben der gebräuchlichsten Kochrezepte erlassen. Das bedeutete für sie und ihre Schülerinnen eine große Zeitersparnis.

Schon lange wird das Buch den veränderten Verhältnissen entsprechend in sämtlichen hauswirtschaftlichen Kursen der Gewerbe- und Haushaltungsschule benutzt; ferner ist es in der stätischen Berufsschule, sowie in auswärtigen Schulen eingeführt.

Das kleine Heft gibt absichtlich nur einfache und praktische Zusammenstellungen und Anleitungen, um mancher jungen Hausfrau die Sorge zu erleichtern: Wie und was koche ich bei geringem Haushaltsgeld? Zu unserer Freude hat sich die Annahme betätigt.

Vor dem Druck der 2. Auflage im Sommer 1913 ist das Bud von Lehrerinnen der hiesigen Haule umgearbeitet und den damaligen wirtschaftlichen Verhältnissen angepasst worden. Im Jahre 1915 folgte die 3. wesentlich vermehrte und verbesserte Auflage und im Jahre 1919 die 4. ohne Abänderungen.

Auf die damals genauer ausgeführten Grundregeln werden besonders Anfängerinnen aufmerksam gemacht. In dem Zeitraume von 1921 bis 1931 erschien in schneller Folge 6 weitere Auflagen, deren Inhalt vor jedem Drucke einer genauen Nachprüfung unterzogen wurde.

In der 9. Auflage wurde den Ergebnissen der neueren Ernährungsforschung durch Aufnahme einiger Rohkostgerichte Rechnung getragen. Bei der diesmaligen Durcharbeitung sind einige Eintopfgerichte hinzugefügt, die wie alle schon vorhandenen, durch * besonders gekennzeichnet sind. Die Rezepte sind durchschnittlich für 5-6 Personen berechnet.

Wir hoffen, daß das Buch auch ferner freundliche Aufnahme finden wird.

Die Schulleitung.

Grundregeln für das Kochen

1.Helle Mehlschwitze:
Fett oder Butter im Topf zerlassen, Mehl dazu geben und solange schwitzen, bis es Blasen schlägt.

2. Helle Grundsoße:
Ist die mit Flüssigkeit aufgefüllte helle Mehlschwitze.

3. Dunkle Mehlschwitze:
Fett oder Butter im Topf bräunen, Mehl dazu geben und solange schwitzen, bis es braun ist.

4. Dunkle Grundsoße:
Ist die mit Flüssigkeit aufgefüllte dunkle Mehlschwitze.

5. Mehlkloß oder abgebackener Teig:
Flüssigkeit mit Butter und Gewürz aufkochen, Mehl oder Frieß einstreuen und solange rühren, bis sich die Masse vom Topfe löst.

6. Hefeteig:
Alle Zutaten zum Hefegebäck müssen warm sein.

7. Hefestück:
Die zerbröckelte Hefe mit etwas warmer Milch glatt rühren, in die Mitte des gesiebten, erwärmten Mehls geben und mit etwas Mehl zu einem dickflüssigen Teig verrühren.

8. Backpulverteig:
Alle Zutaten zum Backpulverteig müssen kalt fein.

9. Brühe:
Ist das Kochwasser von Fleisch oder Knochen.
Gute Brühe liefern Rindfleisch oder mageres Geflügel.
Um gute Brühe zu erhalten, setzt man das Fleisch kalt auf. Gute Farben geben geröstete Zwiebeln und Möhren. 
Fleisch bleibt saftig, wenn man es mit kochendem Wasser auffegt.
Knochen bringt man mit kaltem Wasser und Suppengrün auf. Brühe darf nie stark kochen, da sie sonst an Wert verliert.
Brühe kann vor dem Gebrauch entfettet werden.

10. Suppengrün:
Zum
 Suppengrün rechnet man in der Hauptsache 
Sellerie und Porree.

11. Petersilie:
Petersilie wird verlesen, gewaschen, gehackt und an die fertigen Speisen gegeben. Sie darf nicht kochen, weil sie dadurch an Farbe und Geschmack verliert.

12. Bratensoße:
Wird mit Mehl gebunden, abgeschmeckt und durch ein Sieb gegossen.

13. Pfannensoße:
Hierzu benutzt man das in der Pfanne vom Braten zurück gebliebene Fett, bräunt Weizenmehl darin und füllt mit Wasser nach, bis die Soße die gewünschte Dicke hat.

14. Um hartes Wasser weich zu bekommen, ist es in vielen Fällen nötig, es mit einer Prise Natron oder einem Stückchen Soda aufzukochen und es abgekühlt vom Salz abzugießen.
(Wichtig beim Rochen von Hülsenfrüchten.)

15. Abwellen [1]:
Um den Nahrungsmitteln alle Nähstoffe zu erhalten, unterlässt man heute das Abwellen.

16. Unter Milchfett versteht man ausgelassenen Rindertalg, Schmalz und Butter.

17. Vorbereitung der Pudding-, Kuchenformen
und Kuchenbleche:
Die Formen müssen innen gut mit Butter ausgestrichen und häufig mit Semmelkrumen ausgestreut werden.
Die Bleche werden nach der Reinigung mit einer Speckschwarte eingefettet.

18. Vorbereitung
von Fleisch und Geflügel:
Das Fleisch wird gewaschen und geklopft.
Geflügel wird gerupft, gesengt, mit Kleie oder Mehl abgerieben, ausgenommen, gewaschen und je nach Bedarf weiter behandelt.

19. Vanille:
Wird mit kalter Flüssigkeit aufgesetzt, Vanillezucker benutz man zum Abschmecken der fertigen Speise.

20. Eine Prise:
Unter einer Prise versteht man so viel, wie man zwischen Daumen und Zeigefinger fassen kann.

21. Suppeneinlagen, auf 1 l Flüssigkeit:
40 g Grieß, 30 g Sago, 40 – 50 g Graupen, 30 – 40 g Reis, 30 – 40 g Nudeln

22. Gewichts und Maßangaben:
Es wiegen ungefähr:
1 gestrichener Esslöffel Butter oder Fett = 20 g
1 gehäufter Esslöffel Butter oder Fett = 50 g
1 gestrichener Esslöffel Mehl, Salz, Zucker, Teigwaren = 10 g
8 Esslöffel Flüssigkeit = ⅛ l Flüssigkeit
1 Suppenteller voll = ¼ – ⅓ l

23. Hülsenfruchtsuppen:
Auf 1 l Flüssigkeit 150 g Erbsen, 125 g Linsen oder Bohnen

24. Eiverwendung:
Eierschnee: Das Eiweiß soll in frischer, kühler Luft und erst kurz vor dem Gebrauch geschlagen werden, da es durch längeres Stehen wieder flüssig wird.
Eigelb: Will man eine Soße oder Suppe mit Eigelb abrühren, so gibt man etwas von der heißen Flüssigkeit zu dem verquirlten Ei und dieses dann unter Rühren zu der Soße oder Suppe, die nicht mehr aufkochen darf.

25. Zum Einmachen:
Alle Gläser, Flaschen oder Steintöpfe müssen geschwefelt oder mit Rumsalizyl[2] umgespült werden.
Man verschließt Eingemachtes mit angefeuchtetem Pergamentpapier oder mit Glashaut[3].
Das zu verwendende Obst darf nicht zu reif und muss
von bester Beschaffenheit sein.
Die Zutaten, wie Zucker, Essig und sonstige Gewürze müssen sehr gut sein.
Die Kochgeschirre, Gläser und Flaschen, welche man zum Einkochen und Einfüllen gebraucht, müssen ganz sauber sein.
Während des Einkochens dürfen keine fettreichen oder stark riechenden Speisen auf dem Herde gekocht werden.

26. Merksatz für Selbstkocher wie Kochkiste, Kochbeutel usw.
Alle im Selbstkocher zu bereitenden Speisen müssen ¼ der ganzen Garzeit vorkochen und 1 – 2 Stunden länger im Selbstkocher verbleiben, als sie gewöhnlich kochen müssen.

[1] Abwellen ist ein alter Begriff für das Dünsten von Lebensmitteln.

[2] Salizylsäure wurde zum sterilisieren von Einmachgläsern verwendet. (Vlg. Forum Köche Nord)
“[..] So wird in neurer
Zeit Dr. Oetker’s Salicyl mit bestem Erfolg angewendet, weil es den
Geschmack der Fruechte nicht nur nicht beeintraechtigt, sondern ihn
lange Zeit sogar frisch und kraeftig erhaelt. Seine Verwendung ist
einfach und sauber und sein Preis billig. Dieses Salicyl enthaelt
reinste Salicylsaeure, und ein Paeckchen a 10 Pfg. genuegt, um 10
Pfd. eingemachte Fruechte gegen Schimmel zu schuetzen. [..] Will man Fruechte, zum Beispiel Gurken, in Essig oder Salzwasser
einlegen, so loest man in 5 Liter gutem Einmache-Essig ein Paeckchen
Salicyl und hat dann 5 Liter Salicyl-Essig, in welchem Gurken,
Zwiebeln etc. niemals verderben oder auch nur anlaufen, sondern sich
sehr gut halten.”

[3] Glashaut war ein Produkt zum luftdichten Verschließen von Einmachgläsern

Verpackung der Einmach-Glashaut, ca. 1935.
Bild: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig (CC Lizenz)

Ein Kommentar

Kommentare sind geschlossen.