Alte Bücher öffnen neue Wege
So wie ich vor vielen Jahren das Kochbuch von Mary Hahn fand und damit meine Arbeit mit historischen Rezepten und den veganen Transkriptionen dieser begann, eröffnete der Fund einer abgegriffenen Ausgabe des Lindauer Kochbuchs von 1871 aus dem Nachlass ihrer Mutter ein kulinarisches und familienhistorisches Abenteuer für Iska Schreglmann.
Das alte Kochbuch hat viele Geschichten
Der dreiteilige Podcast von Bayern 2 erzählt was alles so an Geschichten und Gedanken durch den Fund eines alten Buches aufgewühlt werden können.
Aus den vergilbten Seiten entsteigt Familiengeschichte und so mache Frage zur Ernährung der Menschen in den letzten 150 Jahren. Die Gerichte in dem Kochbuch klingen exotisch kompliziert, aus einer Zeit als Bürgerlichkeit das angestrebte Gesellschaftsbild war, in einer für Menschen aus dem 21. Jahrhundert schwer lesbaren Schrift geschrieben. Zwischen die Zeilen, noch schwerer lesbar, Kommentare zu eigenen Rezepten geschrieben. Und letztendlich das Kochbuch für Jahrzehnte des mehrfachen Mangels und Leides, des Aufbaus und des Überflusses vergessen.
Denn der bürgerliche Überfluss hatte ein geschichtliches Ende. Zweimal warf Deutschland die Welt und seine BürgerInnen in schlimmste Nöte und machte für viele Jahre die gehobene Küche zu einem Phänomen von wenigen.
Um diesen Notstand gehen die ersten beiden Teile des Podcast. Wie haben unserer Eltern- und Großelterngeneration mit dem Hunger nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Überfluss des Wirtschaftswunders gelebt und was ist damit an die nachfolgenden Generationen weitergegeben worden?
Im dritten Teil wird dann historisch gekocht und im letzten Satz die Überlegeng ausgesprochen, wie das Gericht wohl in vegetarisch zubereitet werden könnte.
Der Podcast führt durch die deutsche Küche und Geschichte und stellt dabei eine ambitionierte Speise vor: Schnepfenpastete.
Der Podcast "Rezepte des Überlebens" in der ARD Audiothek
Teil 1
Meine Familie und der Hungerwinter
Iska Schreglmann findet im Nachlass ihrer Mutter ein Kochbuch von 1871. Und sie erfährt, dass ihre Eltern nach dem Zweiten Weltkrieg als Kinder nicht genug zu essen hatten - wie Millionen von Menschen in Europa. Schon in der 1. Podcast-Folge wird klar: Unser Umgang mit dem Essen ist bis heute durch die Erlebnisse unserer Vorfahren geprägt. (ARD Audiothek)
Teil 2
Mein Onkel und der Wald
Iska Schreglmann sucht mit einer Pflanzen-Expertin im Wald nach Essbarem. So haben es auch ihre Mutter und ihr Onkel als Kinder nach dem Zweiten Weltkrieg gemacht. Im Dorf ihrer Vorfahren lernt Iska die Überlebens-Tricks der Menschen von damals kennen. Und sie ist in der 2. Podcast-Folge weiter auf der Spur des rätselhaften Kochbuchs aus der Kaiserzeit. (ARD Audiothek)
Teil 3
Meine Vorfahren und das Kochbuch
Jetzt wird nachgekocht: Iska Schreglmann erweckt in der 3. Podcast-Folge das Familien-Kochbuch von 1871 wieder zum Leben. Mit ihrem 25jährigen Sohn Ben kocht sie eines der ungewöhnlichen Rezepte: Schnepfen-Pastete. Mithilfe einer Ahnenforscherin wird klar, wem das Kochbuch vor 150 Jahren wahrscheinlich gehörte. (ARD Audiothek)
Das Kochbuch
Freundlicherweise hat das Münchner Digitalisiereungszentrum eine etwas früherere Ausgabe des im Podcast beschriebenen Kochbuchs gescannt und stellt dieses zur nichtkommerziellen Nutzung zu Verfügung.
Das Kochbuch ähnelt auf den ersten Blick anderen gehobenen Kochbüchern seiner Zeit, vermutlich mit einigen regionalen Spezialitäten.
Ich habe das Rezept für die Schnepfenpastete heraus gesucht und freue mich auf meine vegane Version des Gerichts.
Das Lindauer Kochbuch als Digitalisat
frei zur nichtkommerziellen Nutzung (NoC-NC)
MünchnerDigitalisierungsZentrum
Das Beitragsbild
Ich bekam vor vielen Jahren einen alten Koffer voller Glasnegativen aus den 1920er und 1930er Jahren geschenkt. Neben etlichen Familienfotos fanden sich darauf auch Urlaubsbilder aus Spanien und von der Ostsee. Das hier genutze Bild ist eines aus dieser unbenannten Sammlung aus einem Steglitzer Keller.